Wirtschaftsrecht in den NL

Rechtfertigt Corona Mietminderungen für Geschäftsimmobilien?

24.07.2020

Auf wessen Risiko gehen die oft weitreichenden wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise? Eine Frage, die auch Mieter und Vermieter von Geschäftsräumen betrifft. Wie so oft, wird diese Frage unter anderem von der Rechtsprechung beantwortet werden müssen. Mittlerweile werden die ersten Urteile veröffentlicht.

Das erste Urteil betraf ein Ladenlokal/Gastronomiegebäude, das aufgrund von Corona-Maßnahmen schließen musste. Der Mieter minderte daraufhin die Miete um ein Drittel und berief sich rechtlich auf eine Mietminderung gemäß Artikel 7:204 Absatz 2 von Buch 7 des niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuches. Obwohl das Gericht darauf hinwies, dass bei der Beurteilung der Frage, ob eine Mietminderung rechtswirksam ist, normalerweise verlangt wird, dass dem Vermieter ein Mangel zugerechnet werden kann, hielt das Gericht den Vorschlag, 2/3 der Miete zu zahlen, für angemessen und bestätigte die Ansicht des Mieters.

In einem zweiten Urteil beantragte der Fußballverein Vitesse Arnhem im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Rückzahlung eines Teils der gezahlten Miete für das Stadion Gelredome und eine vorübergehende Änderung der Miete bis maximal 1. September 2020, da wegen der erzwungenen staatlichen Maßnahme bis zu diesem Zeitpunkt keine öffentlichen Fußballspiele stattfinden durften.

Auch in diesem Urteil folgte das Gericht dem Argument, dass ein Mangel im Sinne von Artikel 7:204(2) des niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuches vorliegt. Im Gegensatz zum ersten Urteil schloss der Mietvertrag die Möglichkeit aus, eine Mietminderung vorzunehmen. Das Gericht entschied, dass dieser Ausschluss im Mietvertrag aus Gründen der Angemessenheit und Fairness beziehungsweise aufgrund unvorhergesehener Umstände aufgehoben werden könne. Das Gericht begründete dies damit, dass die momentane Pandemie beim Abschluss des Mietvertrages nicht vorhersehbar war. Aus diesem Grund, so das Gericht, unterscheide sich die Coronakrise auch von der Wirtschaftskrise von 2008. Da die Klage und die finanziellen Konsequenzen von Vitesse Arnhem jedoch nicht ausreichend begründet wurden, wies das Gericht die Klage des Vereins ab.

Das dritte Urteil wurde vom Bezirksgericht Overijssel erlassen und betraf (unter anderem) einen Hotel- und Gaststättenbetrieb, bei dem es um einen langwierigen Streit über die Instandhaltung der Mietsache und die Höhe der Miete ging. Ab dem 1. März 2020 setzte der Mieter seine Mietzahlungen aus und berief sich auch auf Mängel und höhere Gewalt aufgrund der Coronakrise.

Das Gericht entschied, dass die Zwangsschließung des Gaststättenbetriebs keinen Mangel darstelle, da dieser unter den gegebenen Umständen dem Mieter zuzuschreiben sei. Das Gericht verwies auf die anwendbaren allgemeinen Mietbedingungen. Diese allgemeinen Bedingungen (das sog. „ROZ-Modell“) besagen, dass der Mieter für notwendige Genehmigungen verantwortlich ist und dass der Widerruf solcher Genehmigungen keine Folgen für den Mietvertrag hat. Das Gericht setzte dies mit der Zwangsschließung aufgrund der Coronakrise gleich. Das Risiko einer Schließung liegt daher beim Mieter. Eine Berufung auf höhere Gewalt ist auch in diesem Fall erfolglos. Das Gericht entschied, dass die bloße Zahlungsunfähigkeit aufgrund der erzwungenen Schließung keine Berufung auf höhere Gewalt rechtfertige. Nach Ansicht des Gerichts seien viele Situationen denkbar, in denen der Mieter eine Einkommenseinbuße (auch durch Arbeitsunfähigkeit) hat und diese Einkommenseinbuße zu Lasten des Mieters gehe. Die Coronakrise ändere daran nichts.

Aus den obigen Ausführungen geht hervor, dass unter extremen Umständen wie der Corona-Pandemie abweichende Vereinbarungen in Mietverträgen außer Kraft gesetzt werden können.

Bei der Beurteilung, ob solche Umstände vorliegen, sind folgende Faktoren von Bedeutung: die gesellschaftliche Stellung, die gegenseitige Beziehung der Parteien, die Art und Gewichtigkeit der Interessen (zum Beispiel die Höhe des Verlusts), die finanzielle Situation vor der Corona-Krise sowie die Abhängigkeit des Vermieters von den Mieteinnahmen.

Es bleibt abzuwarten, ob dieser Trend anhält. Wir werden Sie auf dem Laufenden halten.

Donata Lex, DNHK

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