Russland hat auch im Bereich der erneuerbaren Energien unerschöpfliche Möglichkeiten – nutzt sie aber bisher nur spärlich
Russland und Energie sind Begriffe, die oft im Kontext verwendet werden. Erneuerbare Energiequellen in Russland stecken dennoch in den Kinderschuhen. Für viele ist es schwierig zu verstehen, warum sich ein Land, in dem sich ein Drittel der weltweit bestätigten Gasreserven, etwa die Hälfte der weltweiten Kohlevorkommen und enorme Öllagerstätten befinden, mit alternativen Energiequellen befassen soll.
Nun ist es nicht wegzuleugnen, dass wir alle auf einer Erde leben und sich Klimaveränderungen nicht national lösen lassen. Heutzutage sollte sich kein Land mehr erlauben, sich über internationale Interessen hinwegzusetzen, und auch Russland ratifizierte offiziell am 18. November 2004 das Kyoto - Protokoll zur CO2 Reduktion und leistete damit einen wichtigen Beitrag zum Inkrafttreten des Protokolls. In den letzten 7 Jahren verzeichnet Russland ein robustes Wirtschaftswachstum von im Durchschnitt über 5%. Mit dem wachsenden Wohlstand bildet sich auch ein zunehmendes Umweltbewusstsein heraus. Nicht nur aus Umweltschutzgründen ist Umdenken notwendig. Für die Zukunft muss die Endlichkeit aller fossilen Energieträger in Betracht gezogen werden. Zwar setzt Russland momentan auf den Ausbau der Atomkraft, doch auch diese Form der Energiegewinnung birgt viele Risiken und wird wohl kaum langfristige Lösungen der Energieproblematik liefern können.
Russland hat ein enormes Potential für erneuerbare Energien. Das Land mit der größten Fläche der Erde von über 17 Mio. qm² bietet ungeahnte Möglichkeiten. Das wirtschaftliche Potential der erneuerbaren Energieressourcen wird auf 270 Mio. Tonnen des Einheitsbrennstoffs geschätzt. Schon heute werden bereits 18% der Stromerzeugung aus Wasserkraftwerken gewonnen. Vor allem Ostsibirien und Fernost bieten große Möglichkeiten Energie aus Wasserkraftwerken zu generieren. Ohne Berücksichtung der Wasserkraft muss man aber leider feststellen, dass nur etwa 1% des Primärenergieverbrauchs aus erneuerbaren Energiequellen gewonnen wird.
Allerdings sprechen auch wirtschaftliche Gründe für einen Ausbau der Erneuerbaren Energien. Angesichts der riesigen Spannweite Russlands, mit seiner teilweise zerstreut siedelnden Bevölkerung, ist es oft unwirtschaftlich, fossile Brennstoffe mit hohen Transportkosten in die abgelegenen Ecken des Landes zu liefern. Ca. 20 Millionen. Menschen sind auf 70% des Landes verteilt und rund 10 Millionen sind nicht an das zentrale Versorgungssystem angeschlossen. Oft werden an abgelegenen Orten autonome Dieselgeneratoren eingesetzt, deren Treibstoff auf unterschiedlichste Weise transportiert wird. Dabei kommt es nicht selten zu Lieferproblemen, meistens bedingt durch schwierige Witterungsbedingungen und eine schlecht ausgebaute Infrastruktur. Hier würden Kleinenergieanlagen für die Bevölkerung Abhilfe schaffen. Bereits heute ist ein reger Bedarf für Blockheizkraftwerke auf Biokraftstoffbasis zu verzeichnen. Immer mehr Bauern und Landwirte wollen eine autarke und vor allem zuverlässige Energieversorgung, nur so kann eine reibungslose landwirtschaftliche Produktion gewährleistet werden.
Vor diesem Hintergrund wird es notwendig die Entwicklung der Kleinenergetik aus erneuerbaren Energien voranzutreiben und staatlich zu fördern. Durch das Inkrafttreten des Kyoto - Protokolls im Februar 2005 ist die Hoffnung auf eine Beschleunigung der Entwicklung alternativer Energieträger gestiegen.
Die Weiten des Landes bieten für alle Arten der alternativen Energiegewinnung einmalige Möglichkeiten und Potentiale:
Bioenergie
Russland besitzt rund ein Viertel aller Waldbestände der Welt und kann zum größten Exporteur von Holzspan und Pellets nach Europa werden. Biomasse stellt den größten Anteil an den erneuerbaren Energien in Russland und beträgt heute ca. 80% der gesamten Energiegewinnung aus erneuerbaren Energien im Land, die Wasserkraft nicht eingerechnet. Auch Experten sind sich einig, dass in der Bioenergie das größte Potential liegt. Zwar erhöht sich die Anzahl der Pelletieranlagen stetig, jedoch werden sie noch viel zu wenig genutzt. Dabei ist die Nachfrage nach Pellet und Holz gerade in Europa enorm.
Windenergie
Bei der Windenergie spielt die riesige Fläche Russlands eine wesentliche Rolle. Die besten Standorte für die Energiegewinnung aus Wind sind die Küstenregionen sowie weite Teile der Steppe und die Gebirge. Der Großteil der potentiellen Windressourcen liegt in Gebieten mit einer sehr niedrigen Bevölkerungsdichte.
Solarenergie
Die Menge an Sonnenenergie, die in einer Woche auf das Territorium Russlands einstrahlt, übertrifft die Energie aller russischen Vorräte an Erdöl, Erdgas, Kohle und Uran. Obwohl der südlichste Punkt Russlands nördlicher als der 42. Breitengrad liegt, bietet die Solarenergie große Chancen für das Land. Die Sonneneinstrahlung in Moskau ist nur 5% geringer als in Berlin. Viele Moskauer fliehen in die Vorstadt um der Hektik und dem Smog zu entfliehen. Um eine autonome und zuverlässige Energieversorgung auch in der Vorstadt zu garantieren, könnten hier Solaranlagen Abhilfe schaffen.
Hydroenergie
Wie schon erwähnt, spielt die Wasserkraft eine bedeutende Rolle bei der Energieversorgung in Russland. Wie in anderen Energiesektoren ist auch hier ein Trend zur Konsolidierung zu verzeichnen. Anfang 2006 wurden 23 selbstständige Wasserkraftwerke zur Holding GIDRO-OGK (Gidro – Optowaja Generirujuschaja Kompanija) zusammengeschlossen. In den nächsten Jahren sind 6 Mio. Euro für die Modernisierung und Bau von Wasserkraftwerken veranschlagt. Bis 2020 soll die Stromerzeugung aus Wasserkraft um 30% steigen. Vorgesehen sind der Bau von zwei neuen Projekten und der Bau neuer Energieblöcke in bereits bestehenden Anlagen. Die bestehenden Großkraftwerke entstanden größtenteils in der späteren Nachkriegszeit. Damals führte der Trend zu Großprojekten zur Abschaltung und Zerstörung zahlreicher kleiner Wasserkraftanlagen, Windmühlen und Wasserrädern. In den 50er und 60er Jahren waren noch über 10 000 kleine Wasserkraftwerke im Einsatz, die meisten davon wurden außer Betreib genommen. Momentan wird nur 1% des Potentials, das Kleinanlagen in sich bergen, genutzt.
In der nächsten Zeit ist der Bau zweier Gezeitenkraftwerke geplant. Eines soll im Weißen Meer, wo auch schon 1968 das erste GKW (Experimentalkraftwerk) gebaut wurde, entstehen, das andere im Ochotskischen Meer, wo die Gezeitenhöhe bis zu 17 Metern erreicht.
Geothermie
Praktisch überall gibt es in Russland Vorkommen unterirdischer Wärme mit einer Temperatur von 30 bis 200 C. Das Potential von geothermalen Ressourcen übersteigt das der fossilen um das 10- bis 12-fache. In einigen Regionen kann die geothermale Energie- und Wärmeversorgung 50-90% des Gesamtverbrauchs ausmachen. So sind z. B. Kamtschatka und die Kurien-Inseln imstande die Leistung von geothermalen Kraftwerken in einer Größenordnung von 1000 MW sicherzustellen.
Russland hat in den meisten Arten der erneuerbaren Energien riesige Potentiale. Es besteht ein enormer Nachholbedarf um den ausgehenden Rohstoffen und dem Umweltschutz entgegenzukommen. Leider wird beim Energieprogramm 2020 noch zuwenig auf das Thema eingegangen und solange der Export der fossilen Energieträger enorme Geldzuflüsse ins Land bringt, ist es schwierig klarzumachen, warum man auf alternative Energiequellen setzten sollte. Doch die Vorteile sprechen für sich und die Einhaltung des Kyoto - Protokolls wird Russland zwingen, sich in Zukunft zunehmend mit dem Thema auseinander zu setzten.
Einen Schritt in diese Richtung leistete die Konferenz zur „Entwicklung der Kleinenergetik und erneuerbarer Energien: Präsentation deutscher Technologien und Kooperationsmöglichkeiten“, die am 23. Oktober 2006 in Moskau stattfand. Die Konferenz wurde von der Delegation der Deutschen Wirtschaft in der Russischen Föderation und von der deutschen Energieagentur DENA organisiert.
Auf der Konferenz berichteten deutsche Referenten über die allgemeinen Trends in den erneuerbaren Energien in Deutschland. Vor allem Geothermie, Sonnen- und Windenergie standen im Mittelpunkt der Vorträge. Von besonderem Interesse war für die Teilnehmer die staatliche Unterstützung in Deutschland durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das die Abnahme und die Vergütung von ausschließlich aus erneuerbaren Energiequellen gewonnenen Strom durch Versorgungsunternehmen, die Netze für die allgemeine Stromversorgung betreiben (Netzbetreiber) regelt. Ziel des Gesetzes ist es, den Anteil an erneuerbaren Energien bis 2010 auf mindestens 12,5% zu erhöhen, bis 2020 auf mindestens 20 % zu erhöhen. Unter den Vortragenden waren die deutsche Energieagentur DENA, Geothermische Vereinigung e.V. und die deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie e.V. vertreten. Auf russischer Seite stellte Pavel Besrukich das Potential der erneuerbaren Energien in Russland dar. Ewgenij Panzchhawa äußerte sich über die Möglichkeiten der Bioenergie in Russland und Anatolij Kopylow, als Mitglied einer Kommission, die an einem Gesetzentwurf zur Unterstützung der Kleinenergetik arbeitet, hielt einen Vortrag über die geplanten Maßnahmen zur Unterstützung erneuerbarer Energiequellen in Russland. Sein Beitrag löste eine rege Diskussion im Konferenzraum aus. Gemäß diesem Gesetz sollen für alternative Energiequellen Mittel aus dem Haushalt-Sonderfond bereitgestellt werden. Solarenergie soll mit 9100 Rubel (ca. 270 Euro) pro MW/h subventioniert werden, Windenergie mit etwa 2000 Rubel (ca. 60 Euro), Geothermie mt 3000 Rubel (ca. 90 Euro) und für Bioenergie sind zwischen 250 bis 1945 Rubel (7-60 Euro) vorgesehen. Der Gesetzentwurf befindet sich im finalen Stadium der Ausarbeitung und es ist geplant in der ersten Hälfte nächsten Jahres über das Gesetz im Parlament abzustimmen.
Im Anschluss an die Präsentationen der Behörden und Gesellschaften, stellte sich die Delegation der mitgereisten deutschen Firmen vor. Darunter waren, „Vestas“ (weltweit größter Windanlagenbauer), „Voltwerk“ (Investitionsgesellschaft), „Pro2 Anlagentechnik“ (Hersteller von Blockheizkraftwerken für Biomasse), „Frank GmbH“ (Hersteller für Erdwärmesonden), „SMA Technologie AG“ (Hersteller für Solare Wechselrichter) und „Turbinenschleiferei Michelberger“ (Turbinenradproduzent). An der Konferenz nahmen ca. 70 Personen teil und in den nachfolgenden Tagen wurden über 30 individuelle Gespräche über mögliche Kooperationen zwischen deutschen und russischen Unternehmen geführt.
Präsentationen der Teilnehmer finden Sie unter:
Wladimir Nikitenko
Andreas Dippel
Informationszentrum der deutschen Wirtschaft
Leitfaden für Newcomer 05 /19
Ein praktischer Leitfaden zu den wichtigsten Rechtsfragen, die sich rund um die Einwanderung nach Kanada stellen.
AHK Kanada - DERA Studie Kanadischer Rohstoffsektor 10 / 2011
Möglichkeiten deutscher Unternehmen für ein Engagement im kanadischen Rohstoffsektor.
Kanada – großes Land,große Potentiale
Befragung deutscher Unternehmen zu den Standortqualitäten Kanadas (von 2010)