Weil zurzeit 18.000 Bau- und Infrastrukturprojekte stillliegen, hat die Regierung Rutte am Mittwoch ein Notfallpaket vorgelegt.
Tempo 100 auf der Autobahn, mehr Geld für Naturschutz und höhere Prämien für stoppende Schweinezüchter – mit diesem Klimaschutzplan wollen die Niederlande ihr Stickstoffproblem in den Griff bekommen. Das Notfallpaket wurde erforderlich, nachdem der Raad van Staate, das höchste niederländische Gericht, im Mai das Stickstoff-Aktionsprogramms der Regierung gekippt hatte. Begründung: nicht EU-rechtskonform. Seitdem verkehren die Niederlande in der sogenannten Stickstoffkrise: Bau- und Infrastrukturmaßnahmen liegen auf Eis, Bauarbeiter und Bauern demonstrieren lautstark gegen geplante strengere Klimaschutzregeln, die sie als existenzbedrohend sehen. Mit dem nun präsentierten Maßnahmenpaket will die Koalition aus der liberalen VVD, den Christdemokraten der CDA, der linksliberalen D66 und der religiös-konservativen ChristenUnie den landesweiten Stillstand beenden.
Tempolimit soll Wohnungsbau ermöglichen
Größte Aufmerksamkeit zieht dabei bislang die Verschärfung des Tempolimits von 130 auf 100 Stundenkilometer auf sich. Die neue Regel soll tagsüber zwischen 6 und 19 Uhr gelten. Wann sie in Kraft tritt, ist noch unklar. Das Verkehrsministerium will Anfang Dezember ein Konzept vorlegen. Die Zeitung „De Telegraaf“ berichtet, dass das neue Tempolimit Anfang 2020 in zwei Schritten eingeführt werden soll.
Die Regierung erhofft sich dadurch einen geringeren Stickstoffausstoß im Verkehr. 30 Prozent der Einsparungen sollen die Natur entlasten, 70 Prozent die Emissionen des Bausektors kompensieren. Die Regierung will so unter anderem den dringend benötigten Wohnungsbau ermöglichen. Allein im kommenden Jahr sind als Ziel 75.000 neue Wohnungen vorgesehen.
Auch Agrarsektor soll Beitrag leisten
Neben dem Tempolimit sieht das Notfallpaket auch Änderung für den Agrarsektor vor. So soll die Tierwirtschaft in Zukunft anderes Futter verwenden und so den Ausstoß von Ammoniak verringern. Außerdem sollen Schweinezüchter, die ihre Produktion freiwillig einstellen, eine höhere Prämie erhalten als jetzt. Ebenfalls geplant ist ein Notstandsgesetz zur Ermöglichung von Deichverstärkungen sowie eine Investition von 250 Millionen Euro für Renaturierungs- und Naturschutzmaßnahmen.
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