Der Aufbau einer grünen Wasserstoffinfrastruktur ist schneller machbar, als viele Experten heute denken. Die steigende Nachfrage braucht allerdings höhere Import- und Speicherkapazitäten. Hierfür müssen die Entscheidungsträger in Deutschland und den Niederlanden die Weichen stellen.
Von René Peters, TNO
Die niederländische Forschungsgesellschaft TNO, das Forschungszentrum Jülich und die Deutsche Energie-Agentur GmbH (DENA) haben kürzlich in einer Machbarkeitsstudie die Potenziale einer grenzüberschreitenden Kooperation für den Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur analysiert. Unsere Einschätzung ist: Die Entwicklung einer gemeinsamen Wasserstoffwirtschaft, ist schneller umsetzbar, als bisher angenommen. Wir untersuchten den Bedarf an Wasserstoff für die Chemie-, Raffinerie-, Stahl- und Prozessindustrie sowie für die Mobilität. Darüber hinaus evaluierten wir die Potenziale zur Erzeugung von grünem Wasserstoff aus Offshore-Windkraftanlagen in der Nordsee und den Bedarf an Wasserstoffimporten. Zudem prüften wir die Potenziale großtechnischer Speicherung von Wasserstoff in Salzkavernen und die Weiterverwendung der bestehenden Gasinfrastruktur für den grenzüberschreitenden Transport von Wasserstoff.
Offshore Windkraft in großem Maßstab für Elektrolyse nutzbar
Die Nachfrage nach Wasserstoff wird in den nächsten Jahrzehnten exponentiell ansteigen, auf bis zu 240 TWh in den Niederlanden und 160 TWh in NRW. Darin enthalten ist der steigende Bedarf nach grünem Wasserstoff für synthetische Kraftstoffe. Er umfasst auch neue Märkte wie die grüne Stahlherstellung und den Straßenverkehr. Es zeichnet sich nach unserer Einschätzung bereits heute ab, dass die Produktion von grünem Wasserstoff aus Offshore-Windkraftanlagen mittels Elektrolyse zunehmen wird. Denn die Offshore-Windkraftanlagen in den Niederlanden und in Deutschland können in großem Umfang eingesetzt werden, um im Jahr 2050 zwischen 80 und 230 TWh grünen Wasserstoff pro Jahr zu liefern.
Importkapazitäten ausbauen und neue Speicheranlagen entwickeln
Um den Markt für Angebot und Nachfrage von Wasserstoff zu stabilisieren, sind allerdings heute die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen. Ab 2025 sind nach unserer Einschätzung zusätzliche Importe von Wasserstoff in Häfen wie Rotterdam oder Emden erforderlich. Bis 2050 müssten die Importkapazitäten auf 162 bis 310 TWh pro Jahr ansteigen. Flankierend dazu ist eine groß angelegte Strategie für den Ausbau von Wasserstoffspeicherkapazität in Salzkavernen erforderlich, die bis 2050 auf etwa 14 TWh ansteigen müsste. Dies kann mit etwa 50 Salzkavernen mit einer Kapazität von jeweils 250 GWh bis zum Jahr 2050 realisiert werden. Sowohl im nördlichen Teil der Niederlande als auch in Deutschland gibt es nach unserer Erkenntnis genügend Kapazitäten, um diese Salzkavernenspeicheranlagen zu entwickeln.
Gute Ausgangsposition nutzen
Die Niederlande als auch NRW verfügen über eine hervorragend ausgebaute Gasinfrastruktur, die für die Nachrüstung auf den Wasserstoff-Einsatz sehr geeignet ist. Angesichts der aktuellen politischen Entwicklungen ist mit einem schnelleren Ausbau der erneuerbaren Energie zu rechnen. Dadurch wird auch die Nachfrage nach größeren Transportkapazitäten für Wasserstoff, schneller als zunächst erwartet, zunehmen. Um die Verbindungen zwischen den Produktions- und Importstandorten zu den Märkten und Industrieclustern zu organisieren, wird es daher auch einen Bedarf an zusätzlichen Pipelineverbindungen geben.
Entscheidungen von heute sorgen für Versorgungssicherheit von Morgen
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Niederlande und Deutschland die Entwicklung der grenzüberschreitenden Wasserstoffwirtschaft vorantreiben und die hervorragende Ausgangsposition des bestehenden Gasnetzes nutzen sollten. Um diesen Aufbau zu ermöglichen, sind heute die richtigen Entscheidungen zu treffen, die die Versorgungssicherheit von Morgen gewährleisten.
Über TNO und René Peters
TNO ist eine Organisation für die angewandte wissenschaftliche Forschung. Sie wurde 1932 gegründet, hat rund 15 Niederlassungen und ihren Hauptsitz in Den Haag. Sie hat die Aufgabe, Unternehmen und Behörden die Anwendung von Wissen zu ermöglichen. Als öffentlich-rechtliche Organisation ist TNO unabhängig. Rene Peters ist Business Director Gas Technology bei TNO.
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